Broschuere_FGM_C_web

5 4 In unserer Arbeit kommen wir immer wieder mit dem Thema FGM_C/ weibliche* Genitalbeschneidung und betroffenen Frau- en* in Kontakt – sei es in der Beratung von Schwangeren*, in der sexualpädagogischen Arbeit mit jungen Erwachsenen und Jugend- lichen oder anderen Gruppenveranstaltungen für Menschen mit Flucht- oder Migrationsgeschichte. Unsere Erfahrung ist, dass die betroffenen Mädchen*/Frauen* manchmal zum ersten Mal in den Veranstaltungen/Beratungen über ihre Beschneidung sprechen. Bei unterstützenden Fachkräften kommen in Bezug auf das Thema oftmals Gefühle wie Hilflosigkeit und Betroffenheit auf. Um unre- flektierten Aktionismus, Stigmatisierung und Handeln ohne Rück- sprache mit den Betroffenen zu vermeiden, möchten wir mit der Broschüre informieren und sensibilisieren sowie Unterstützungs- angebote aufzeigen. Die Veröffentlichung einer Broschüre zu weiblicher* Genitalbe- schneidung kann nur unter Einbezug der Perspektiven von betrof- fenen Frauen* geschehen. Eine kontinuierliche kritische Auseinan- dersetzung mit Rassismus, den Folgen von Kolonialismus, weißen Privilegien und Othering ist unabdingbar (s. dazu die Literaturtipps im Anhang). So war der Entstehungsprozess dieser Broschüre begleitet von einer kritischen Auseinandersetzung mit der Frage danach, ob und in welcher Form wir als vorwiegend weiß gelesenes Berater*innenteam eine Broschüre zu dem Thema veröffentlichen wollen oder können. Wichtig war uns hierbei zu vermeiden, über betroffene Frauen* als „die Anderen“ zu schreiben und so Stereo- type und Rassismen zu reproduzieren. Etwas das leider häufig in 1. EINLEITUNG Triggerwarnung: Eine Auseinandersetzung mit FGM_C kann, wie jede Auseinander­ setzung mit gewaltvollen Themen, triggern. Darum ist es beim Lesen dieser Broschüre wichtig, die eigenen Grenzen zu erspüren und gegebenenfalls eine Pause zu machen. Veröffentlichungen zu FGM_C passiert. Aus diesem Grund sind wir dankbar, dass der nachfolgende Text von Dr. Isabelle Ihring verfasst und zur Verfügung gestellt wurde. Der Text basiert auf einer qualitativen Studie 1 , die mit dem Ziel durchgeführt wurde, Perspektiven betroffener Frauen* und Familien sichtbar zu machen und „Einblicke in die subjektiven Lebensrealitäten, die Bedürfnisse und Wünsche (..)“ von betroffenen, in Deutschland lebenden Frauen* zu geben. ……………………………………………… 1. Eine empirische Studie zu weiblicher Genitalverstümmelung in Deutschland. Daten-Zusammenhänge-Perspektiven. Freiburg 2017 Czelinski, Ihring et. al. Im Folgenden nutzen wir bewusst und abwechselnd die Begriffe „weibliche* Beschneidung“ und die englische Abkürzung FGM_C (female genital mutilation/female genital cutting) und sehen von der Verwendung des Begriffes „Verstümmelung“ ab. Wir setzen jedoch damit die Beschneidung von Frauen* und Mädchen* nicht mit der Beschneidung von Jungen* gleich. Auch im Kontakt mit Betroffenen sollte der Begriff „Verstümme­ lung“ vermieden werden. Dieser markiert zwar die ausgeübte Menschenrechtsverletzung, wird aber von betroffenen Frauen* selbst größtenteils nicht genutzt und wirkt oftmals stigmatisierend und abwertend.

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