Antragsheft zur Bezirkskonferenz der AWO Niederrhein 2024
Seite 66 38 betroffen. Dieser Prozess wird den Arbeitskräftemangel weiter verschärfen. Wer Kinder 39 und Angehörige betreut oder pflegt, steht dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. 40 Das leise Sterben der sozialen Infrastruktur hat bereits begonnen und weder Bund noch 41 Land sind gewillt, dieser dramatischen Entwicklung für das Gemeinwohl 42 entgegenzutreten. Bewusst wird in Kauf genommen, dass die steigende Zahl älterer 43 Menschen nicht mehr in adäquaten Einrichtungen stationär und ambulant gepflegt werden 44 kann und damit pflegende Angehörige als Reservearmee immer stärker in Anspruch 45 genommen werden. Kinder in Kitas und im Offenen Ganztag werden mangels Ressourcen 46 oftmals nur noch verwahrt und Angebote werden drastisch reduziert. Somit kann von 47 Bildungsgerechtigkeit nicht mehr die Rede sein. Inklusion für Behinderte bleibt eine 48 Theorie und Geflüchteten wird mangels Sprach- und Integrationskursen der Zugang zu 49 unserer Gesellschaft und unserem Arbeitsmarkt dauerhaft verwehrt. 50 Sowohl die Bundes- als auch die Landesregierung sind nicht gewillt, die soziale 51 Infrastruktur durch ausreichende Finanzierung zu stärken. 52 Anstatt Geld in die Hand zu nehmen, um beispielsweise die Angebote in Kitas, Schulen 53 und Seniorenzentren langfristig zu sichern und qualitativ hochwertig zu ermöglichen, 54 wird bei den jeweiligen Haushaltsplanungen lediglich daran gedacht, wo in der 55 Sozialen Arbeit Einsparpotenziale gefunden werden können, die dann nach Protesten aus 56 der Freien Wohlfahrtspflege quasi als Gnadenakt zum Teil wieder zurückgenommen 57 werden. An anderer Stelle werden gesetzlich vorgesehene Mittelerhöhung als 58 Entgegenkommen verkauft, um die gestiegenen Kosten in der frühkindlichen Bildung zu 59 kompensieren. Im Offenen Ganztag entzieht sich das Land NRW komplett seiner 60 Verantwortung, indem es auf ein Qualitätsgesetz verzichtet und damit keine 61 angemessenen finanziellen Leistungen für die Ausgestaltung des Offenen Ganztags 62 erbringen muss. Das Land begrüßt den Tarifabschluss der Länder, da er „einerseits den 63 gestiegenen Belastungen der Angehörigen des öffentlichen Dienstes Rechnung und […] 64 andererseits Anerkennung für ihre wertvolle Arbeit zum Ausdruck [bringt]“ [7] und ein 65 leistungsfähiger öffentlicher Dienst gerade in diesen herausfordernden Zeiten das 66 Rückgrat für Staat und Gesellschaft sei. Allerdings gilt das offenkundig nicht für 67 Mitarbeitende, die bei Trägern der Wohlfahrtsverbände einen wichtigen Beitrag zum 68 Erhalt der öffentlichen Daseinsvorsorge leisten. Denn bis heute werden die 69 Tarifabschlüsse in der Freien Wohlfahrtspflege bei der Refinanzierung durch die 70 Öffentliche Hand nur unzureichend berücksichtigt. Und dass, obwohl die 71 Wohlfahrtspflege mit ihren sozialen Diensten und Einrichtungen ein sozialer 72 Stabilitätsfaktor unserer Demokratie ist. 73 Darum fordert die Bezirkskonferenz der AWO am Niederrhein das Um steuern: in der 74 Steuerpolitik, in der Refinanzierung der Öffentlichen Daseinsvorsorge, in der 75 Bekämpfung von Armut, in der Verteilung des Reichtums. Konkret fordert die AWO am 76 Niederrhein für die Bereitstellung einer auskömmlichen Finanzierung der sozialen 77 Arbeit: 78 79 80 81 82 die Wiedereinführung der abgeschafften Vermögenssteuer, um die öffentliche Daseinsvorsorge in den Ländern ausreichend finanzieren zu können; eine progressive Reform der Erbschafts- und Schenkungssteuer, um die Vererbung oder Schenkung von hohem Privatmögen entsprechend der finanziellen Möglichkeiten an der Finanzierung des Gemeinwohls zu beteiligen; Bezirkskonferenz AWO Niederrhein - Sozialstaat stärken. Demokratie schützen. Lindenhof Remscheid, 28.9.2024
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