„Es bedarf keiner großen Rechenkünste, um zu sehen, dass das nicht reichen kann. Die Grundsicherung muss das Existenzminimum sicherstellen. Wenn solch enorme Preissteigerungen nicht berücksichtigt werden, ist der Regelsatz verfassungswidrig! Hier muss der Gesetzgeber dringend ran,“ fordert Christian Woltering, Vorsitzender der Freien Wohlfahrtspflege NRW. Bereits 2014 hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die Regelbedarfe an der untersten Grenze dessen liegen, was verfassungsrechtlich gefordert ist. „Seitdem ist die Schere immer weiter auseinandergegangen. Schon im Januar war mehr als offensichtlich, dass mit lächerlichen 3 Euro mehr pro Monat die steigenden Lebenshaltungskosten nicht aufgefangen werden können. Und nun gehen durch den Krieg in der Ukraine noch die Energiekosten durch die Decke“, so Woltering.
Ist eine existenzgefährdende Unterdeckung durch unvermittelt auftretende, extreme Preissteigerungen nicht auszuschließen, darf der Gesetzgeber nicht auf die reguläre Fortschreibung der Regelbedarfsstufen warten, heißt es im Verfassungsgerichtsurteil. Die Wohlfahrtsverbände in NRW fordern eine Erhöhung, die zum Verbraucherpreisindex passt und so der Lebensrealität entspricht. Nach ihren Berechnungen müsste ein bedarfsgerechter Regelsatz für einen alleinstehenden Menschen deutlich über 600 Euro pro Monat liegen. Aktuell beträgt er jedoch nur 449 Euro. Nach Berechnungen der Bundesbank ist für das Jahr 2022 mit einem weiteren Anstieg des Verbraucherpreisindexes zu rechnen. „Steigende Preise, aber nicht mehr Geld zum Leben – das funktioniert so nicht. Wir brauchen eine Anpassung der Regelsätze und Soforthilfemaßnahmen. Mit 100 Euro mehr im Monat wäre zumindest eine kurzfristige Unterstützung gegeben.“
In NRW beziehen 10,5 Prozent aller Menschen SGB II-Leistungen. Der Arbeitslosenreport zeigt: Besonders kritisch sieht es bei Alleinerziehenden mit zwei oder mehr Kindern aus. Hier liegt die Quote bei 56 Prozent. „Die Erkenntnisse sind nicht neu und gerade deswegen ist es so erschreckend, dass sich seit Jahren nichts an der Situation ändert“, so Woltering. Gleiches gelte für Kinder im SGB II-Bezug. Alleine in NRW sind das über eine halbe Million, jedes 5. Kind in NRW ist arm. „Das können wir nicht länger hinnehmen. Wir benötigen sofort den Sofortzuschlag für von Armut betroffene Kinder und die Kindergrundsicherung muss endlich umgesetzt werden.“
Der Arbeitslosenreport NRW ist ein Kooperationsprojekt der Freien Wohlfahrtspflege NRW mit dem Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Er erscheint mehrmals jährlich. Basis sind Daten der offiziellen Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Hinzu kommen Kennzahlen zu Unterbeschäftigung, Langzeitarbeitslosigkeit und zur Zahl der Personen in Bedarfsgemeinschaften, um längerfristige Entwicklungen sichtbar zu machen. Der Arbeitslosenreport NRW sowie Datenblätter mit regionalen Zahlen können im Internet heruntergeladen werden.