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AWO Bezirksverband Niederrhein e.V. | Detail

AWO Projekt INAR unterstützt und begleitet die Ausbildung in der Pflege

Migration & Integration

Leda Khalaf Shammo ist im Herbst 2021 auf das Projekt Integration Geflüchteter und Migrant*innen in den Arbeitsmarkt (INAR) aufmerksam geworden. Nach ersten Gesprächen und Beratungen mit der Integrationslotsin des Projektes Rania Gruber konnte sie sich im Kurt-Schumacher-Seniorenzentrum der AWO Essen vorstellen und daraufhin dort ein Praktikum absolvieren.

Nach erfolgreichem Abschluss begann Leda Khalaf Shammo am 1. November 2021 in diesem Seniorenzentrum als Pflegehelferin zu arbeiten und konnte somit weitere Arbeitserfahrung in der Pflege sammeln. Seit dem 1. Mai 2022 befindet sie sich nun in der einjährigen Ausbildung zur Pflegefachassistentin, bei der sie den theoretischen Teil am Bildungsinstitut Altenpflege der AWO Essen absolviert.

Nadja Nikulin, Projektleitung INAR, und Ruth Mapassi, Integrationslotsin zur Arbeitsmarktintegration, haben Leda Khalaf Shammo an ihrer Schule zu einem Interview getroffen.

Warum haben Sie Ihre Heimat Irak verlassen und in Deutschland ein neues Zuhause gefunden?

Leda Khalaf Shammo: Durch den Krieg der Terrororganisation Islamischer Staat (ISIS) im Irak bin ich mit meinem kleinen Bruder nach Deutschland geflüchtet. Es wurden Frauen und Mädchen von deren Familien getrennt, verkauft und teils erschossen, wenn sie nicht zwangsverheiratet werden wollten. Junge Männer wurden ebenfalls von deren Familien getrennt und mussten in den Krieg ziehen. Dies war eine sehr schwierige Zeit für mich, aber wir haben die Zähne zusammengebissen. Wir sind zuerst in die Autonomieregion Kurdistan im Nordirak geflohen, dann in die Türkei und anschließend kamen wir nach Griechenland. Es war ein sehr langer Weg. 2016 sind wir in Bayern angekommen und hatten es geschafft. Mein Bruder und ich hatten nach dem Asylantrag innerhalb eines Jahres einen Aufenthaltstitel bekommen und meine Eltern haben es auch nach Deutschland geschafft. Nun leben wir zusammen als Familie in Duisburg.

Sie haben einen langen Weg zurückgelegt – bestimmt eine sehr schwierige Zeit für Sie. Und dann konnten Sie in Deutschland ankommen und auch die Sprache lernen?

Ja, durch Freunde, die ich durch Kontakte im Flüchtlingslager kennengelernt habe, habe ich ein bisschen Deutsch gelernt. Die Freunde haben sich gut um uns gekümmert und in den ersten Jahren in Deutschland unterstützt. Nach meinem zweiten Jahr in Deutschland habe ich die Schule besucht und mein A2 Niveau (Anmerkung der Redaktion: Niveaustufe des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, hier für Deutsch) absolviert. Aber mein Sprachniveau war noch nicht ausreichend. Dann habe ich das B1 Niveau und einen Hauptschulabschluss an einer Volkshochschule erreicht. Jetzt ist es mit der Sprache viel besser, außer dass ich beim Sprechen manchmal nervös bin.

Wie sind Sie dann zur Arbeit in der Altenpflege gekommen?

Durch eine Maßnahme habe ich viele Praktika in mehreren Berufsfeldern gemacht. Ich hatte auch Möglichkeiten für eine Ausbildung als MTA (Medizinisch-technische Assistentin) bei einem Zahnarzt in Düsseldorf bekommen. Aufgrund der geografischen Entfernung hatte ich das Angebot nicht angenommen. Ich habe mich dann beim Projekt INAR für die Ausbildung in der Pflege beworben und wurde anschließend von der Integrationslotsin Rania Gruber des Projektes INAR kontaktiert. Das Projekt INAR hat meine Bewerbung an das Seniorenzentrum weitergeleitet und hat mich ab dem Moment bei der Integration in die Arbeit begleitet und unterstützt. Nach dem Vorstellungsgespräch habe ich sofort eine Zusage als Pflegehelferin bekommen. Während der Tätigkeit habe ich gemerkt, dass mich das Berufsfeld interessiert. Ich entschied mich also, die einjährige Ausbildung zu beginnen.

Würden Sie also sagen, dass Sie im Kurt-Schumacher-Seniorenzentrum der AWO Essen gut angekommen sind?

Ja, zuerst habe ich ein Praktikum gemacht. Nach dem Praktikum habe ich als Helferin gearbeitet und bin heute fast am Ende der einjährigen Ausbildung. Ich fühle mich im AWO Seniorenzentrum sehr wohl. Ich unterstütze gerne die Bewohner*innen und die Kollegen*innen haben mich auch sehr herzlich aufgenommen. Bei Fragen stehen sie mir immer zur Seite und helfen mir. Die Einrichtung ist auch sehr zufrieden mit mir. Die Fortschritte, die ich sprachlich und in der Praxis mache, werden anerkannt und ich werde für meine gute Arbeit gelobt. Wenn man im Seniorenzentrum arbeitet, hat man immer etwas zu tun und es wird niemals langweilig. Ich unterstütze in der Pflege, manchmal in der Hauswirtschaft und wenn Zeit ist, spreche oder spiele ich gerne mit den Bewohner*innen.

Man sagt ja, dass Arbeit Integration fördern soll. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht, fühlen Sie sich durch Ihre Arbeit besser integriert?

Ja, die Sprache hat sich durch die Arbeit sehr verbessert und das hilft mir bei meiner Integration. Auch der Kontakt mit verschieden Menschen, den ich durch die Arbeit habe, hat meine Integration gestärkt.

Und hilft Ihnen das auch bei Ihrer Integration in Ihr Umfeld, in dem Sie leben?

Obwohl ich auch die Möglichkeit habe in Duisburg in einem Seniorenzentrum in der Nähe meiner Wohnung zu arbeiten, nehme ich den langen Weg in Kauf, weil ich gerne in Essen in der AWO Einrichtung arbeite. Jetzt habe ich auch meinen Führerschein geschafft und bin mit dem Auto sehr mobil, das macht es einfacher.

Was bereitet Ihnen an Ihrer aktuellen Arbeit im Seniorenzentrum am meisten Freude?

Der gute Umgang im Team. Ich habe in der Vergangenheit z. B. in anderen Praktika keine guten Erfahrungen in Teams gesammelt. Der gute Umgang und die gute Stimmung im Team des Kurt-Schumacher-Seniorenzentrums tragen dazu bei, dass ich gerne arbeite. Was das Lernen für den theoretischen Teil meiner Ausbildung angeht, stehen Kolleg*innen mir auch zur Seite und das bedeutet mir sehr viel. Es bereitet mir auch Freude zu arbeiten, wenn wir in einer Schicht gut besetzt sind. Des Weiteren bereitet es mir Freude, wenn ich Erfolgserlebnisse bei den Bewohnern*innen erleben kann oder sie dabei begleiten kann, wenn sie etwas geschafft haben. Zum Beispiel helfe ich einem Mann häufiger beim Rasieren. Eine andere Bewohnerin mochte ich besonders gerne, ich war immer viel mit ihr zusammen – sie ist jetzt leider verstorben, das war wiederum sehr traurig für mich.

Was sind Ihre größten Herausforderungen? Was fällt Ihnen schwer in Ihrer Arbeit?

An anstrengenden Tagen komme ich leider manchmal nicht dazu, eine Pause zu machen. Meine Kollegen*innen erinnern mich auch daran, aber ich möchte nicht, dass meine Arbeit liegen bleibt. Die nächste Herausforderung ist der Personalmangel. Das finde ich sehr schade für die Bewohner*innen, weil wir manchmal nicht genug Zeit für sie haben und nur das Nötigste machen können. Anfangs war die Ausbildung sehr schwer für mich und ich wollte Nachhilfe nehmen. Mit der deutschen Sprache war es auch nicht einfach, da hat das Übersetzungsprogramm für das Verständnis nicht gereicht. Mittlerweile ist es viel besser geworden und ich schreibe gute Noten.

Nächstes Frühjahr werden Sie die einjährige Ausbildung abschließen. Welche Pläne haben Sie für danach, wie geht es weiter?

Wenn ich heute zurückblicke, finde ich, dass es die richtige Entscheidung war, die einjährige Ausbildung zu machen. Das Gute an der generalistischen Ausbildung ist, dass man die Möglichkeit hat, die drei Bereiche in der Pflege kennenzulernen, den Bereich der Altenpflege, der Ambulanten Pflege und der Krankenpflege. Ich habe bereits das Angebot bekommen, im Kurt-Schumacher-Seniorenzentrum übernommen zu werden, wenn ich meine Ausbildung beendet habe. Im Ambulanten Pflegedienst zu arbeiten wäre auch noch eine Möglichkeit. Mich interessieren beide Bereiche, aber die Pflege im Seniorenzentrum macht mir mehr Spaß und ich kann mir gut vorstellen, im Kurt-Schumacher-Seniorenzentrum weiterzuarbeiten.

 

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Das Foto zeigt Nadja Nikulin, Ruth Mapassi und Leda Khalaf Shammo vor dem Bildungsinstitut Altenpflege der AWO Essen
Nadja Nikulin, Projektleitung INAR (rechts), und Ruth Mapassi, Integrationslotsin zur Arbeitsmarktintegration (links), sprachen mit Leda Khalaf Shammo (mitte) über gelingende Integration in den Arbeitsmarkt durch das AWO Projekt INAR und die Ausbildung in der Pflege.