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AWO Bezirksverband Niederrhein e.V. | Detail

AWO Niederrhein fordert gesamtgesellschaftliche Diskussion über Pränataltests: Land NRW muss Debatte mit anstoßen

Schwangerschaft & Sexualität

Schon ab der achten Woche nach Entstehung einer Schwangerschaft können Bluttests ermitteln, ob Embryonen Trisomien haben. Der nicht-invasive Pränataltest (NIPT) kann anhand einer Analyse des mütterlichen Blutes eine Aussage darüber treffen, ob ein Kind eine der Trisomie-Formen mit hoher Wahrscheinlichkeit haben könnte. 100-prozentige Gewissheit gibt es jedoch nicht.

Seit Juli 2022 ist der NIPT aufgrund medizinisch-technischer Daten als Kassenleistung zugelassen. Viele Eltern wünschen sich durch diesen Test die Sicherheit, dass bei ihrem Kind keine Trisomie vorliegt. Dabei blenden sie die Möglichkeit eines auffälligen Testergebnisses aus. Oftmals verzichten Eltern im Vorfeld eines solchen Tests auf eine psychosoziale Beratung, obwohl das Testergebnis gravierende Entscheidungen mit sich bringen kann. „Schätzungen zufolge werden 9 von 10 Schwangerschaften nach einem auffälligen NIPT in Deutschland abgebrochen. Das wirft grundsätzliche ethische Fragen auf, die bislang noch nicht beantwortet sind und reduziert die Schwangerschaft in unserer Leistungsgesellschaft noch mehr auf den Aspekt, ob das Kind gesund ist oder nicht. Denn aus einem auffälligen Ergebnis ergibt sich keine Behandlungsmöglichkeit, sondern nur die Entscheidung zwischen Abtreibung und Austragen des ursprünglich gewünschten Kindes. Dass sich die Mütter mehrheitlich für eine Abtreibung entscheiden, zeigt, wie behindertenfeindlich unsere Gesellschaft immer noch ist“, merkt Nicola Völckel an, Leiterin des AWO Lore-Agnes-Haus, einem Beratungszentrum für alle Fragen und Probleme rund um Sexualität, Familienplanung, Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch.

Vor diesem Hintergrund wurde in der Bremer Bürgerschaft fraktionsübergreifend ein Antrag eingebracht – und beschlossen –, den weiteren Umgang mit NIPT zu klären. Demnach soll der Bremer Senat eine Bundesratsinitiative starten, um ein Monitoring zur Umsetzung und zu den Folgen des Beschlusses der Kassenzulassung von NIPT zu implementieren und ein Expert*innengremium einzusetzen, das die rechtlichen, ethischen und gesundheitspolitischen Grundlagen der Kassenzulassung zu prüfen hat. Auf Grundlage des Monitorings und der Arbeit des Gremiums sollen Umsetzung und Folgen der Kassenzulassung von nicht-invasiven Pränataltests in den entsprechenden Minister*innenkonferenzen eingebracht werden.

Britta Altenkamp, Präsidiumsvorsitzende des AWO Bezirksverbands Niederrhein, begrüßt die Initiative: „Schwangere Menschen sind keine `Risikomanagerinnen`, auf deren Gewissen wir ethische Grundsatzfragen auslagern. Es bedarf dringend einer gesamtgesellschaftlichen Diskussion über Antworten auf grundsätzliche Fragen wie: Was soll alles untersucht und mitgeteilt werden dürfen und zu welchem Zweck – ohne dabei die individuellen Lebensentscheidungen von Frauen zu kritisieren?“

„Der Ball liegt auf´m Platz. Nun liegt es an der nordrhein-westfälischen Landesregierung das Spielfeld zu betreten und sich gemeinsam mit dem Land Bremen über den Bundesrat die dringend erforderliche gesellschaftliche Debatte über Pränataltests anzustoßen“, fordert Britta Altenkamp und ergänzt: „Dem Landtag stünde es zweifellos nicht schlecht zu Gesicht, wenn die demokratischen Fraktionen diesen Prozess parlamentarisch begleiten.“

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