Aktuell läuft noch in den Filmpalästen der bewegende Film „Wochenendrebellen“. Wochenendrebellen ist nicht nur ein mitreißender und emotionaler Kinofilm über Fußball, Autismus und eine besondere Vater-Sohn Beziehung. Es ist auch ein eindrucksvolles Plädoyer für das Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung. Dies nahm der AWO Bezirksverband Niederrhein gemeinsam mit dem AWO Kreisverband Mülheim an der Ruhr zum Anlass, gefördert aus Mitteln der Aktion Mensch den Film im Rio Filmtheater aufzuführen. Im Anschluss an die Vorführung hatten die 70 interessierten Gäste die Möglichkeit, nicht nur über den Film zu diskutieren, sondern auch darüber, wie die Teilhabe von behinderten Menschen in dieser Gesellschaft verbessert werden kann.
Das kineastische Plädoyer für das Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung nahm das mit Sina Burballa (Bereichsleitung Eingliederungs- und Suchthilfe beim AWO Kreisverband Mülheim), Melissa Marschall (Autistin), Kai Bosch (Poetry Slammer und Inklusionsbotschafter) und Thorsten in der Heiden (Vorsitzender der Mülheimer „Arbeitsgemeinschaft der in der Behindertenarbeit tätigen Vereine“) fachkundig besetzte Podium dankbar auf, um zu unterstreichen, dass Inklusionen theoretisch zwar einen immer höheren Stellenwert erhält, aber leider noch nicht Normalität ist. Einen Beitrag zu dieser Normalität leisten nach Ansicht von Thorsten in der Heiden solche Diskussionsformate, um „Schwellen in der Gesellschaft platt zu machen. Das müssen nicht immer physische Schwellen sein. Es geht dabei vor allem um Akzeptanz“, betonte der Vertreter von 17.000 Menschen mit besonderen Bedürfnissen, die sich in Mülheim an der Ruhr in der Arbeitsgemeinschaft organisieren. Gleichwohl wünscht sich Thorsten in der Heiden „weniger über Inklusion reden zu müssen und stattdessen mehr Inklusion zu leben“.
Dass insbesondere das Umfeld für eine erfolgreiche Teilhabe oder Ausgrenzung von behinderten Menschen entscheidend ist, wusste Kai Bosch zu berichten, der seit seiner Geburt stottert und Tetra-Spastiker ist. „In der Gesellschaft brauchen wir mehr Begegnungen, um mehr Verständnis füreinander zu bekommen und Vorurteile abzubauen“, betonte der Inklusionsbotschafter und stellte klar, dass „Inklusion eine Bereicherung für die Gesellschaft ist. Wenn das mehr Menschen so empfinden, haben wir den Schlüssel zur Normalität gefunden“, so Kai Bosch, der selbst nicht in Watte gepackt werden möchte: „Selbst ein augenzwinkernder Spruch ist Beteiligung.“
Die Vielfalt von Behinderungen betonte Melissa Marschall, die selbst Autistin ist und der niemand ansieht, dass ihr manche Dinge schwerfallen, die für die meisten Menschen selbstverständlich sind. „Viele Leute verstehen das gar nicht“, so Melissa Marschall, die mehr geschlechtersensibler Forschung in Bezug auf die verschiedenen Erscheinungsformen forderte und eindrucksvoll die Notwendigkeit unterstrich, „Stigma gegenüber Leuten abzubauen, denen man die Einschränkung nicht ansieht.“ Den Faden griff direkt Sina Burballa auf und betonte, dass „noch mehr an Menschen gedacht werden muss, die keine ersichtliche Behinderung haben. Dafür muss man vor allem Vorurteile abbauen. Dafür hilft es, ins Gespräch zu kommen.“ Gleichzeitig musste die Eingliederungspraktikerin aber etwas Wasser in den Wein gießen. Denn so berührend und toll die wahre Geschichte über den Vater Mirco und seinem autistischen Sohn Jason auch ist und „zeigt, wie es laufen könnte, ist diese Form der Teilhabe für viele Menschen mit Behinderung leider keine Realität. Vielfach verhindern finanzielle Hürden Inklusion. Privat muss viel aufgefangen werden, was die öffentliche Hand nicht fördert – und das können sich viele Menschen schlichtweg nicht leisten“, so Sina Burballa. Darum stelle das Land, in dem sie leben möchte, mehr finanzielle Mittel für gelingende Integration bereit.